Cochem, Rheinland-Pfalz

Ein KZ-Außenlager in zwei Dörfern: Bruttig und Treis

Das KZ-Außenlager in Cochem (damals: Kochem) an der Mosel existierte von März bis September 1944. Dort mussten insgesamt mindestens 2.400 Menschen unter schwersten Bedingungen für die Rüstungsindustrie arbeiten.

Aus dem Dorf über den Bahndamm in den Tunnel

Im März 1944 errichtete die SS zwischen den Orten Bruttig und Treis das Außenlager Kochem. Es sollte Arbeitskräfte für den Ausbau eines Eisenbahntunnels liefern, der zu einer unterirdischen Fabrik für die Produktion von Zubehör für Flugzeugmotoren der Firma Bosch ausgebaut wurde. Dies war Teil eines größeren Plans, Anlagen zur Rüstungsproduktion in Tunnel und Höhlen zu verlegen, um sie besser vor Bombenangriffen zu schützen. Die Firma Robert Bosch gründete die Tarnfirma WIDU GmbH, die in dem zweieinhalb Kilometer langen ungenutzten Eisenbahntunnel zwischen Bruttig und Treis die Produktion von Zündkerzen aufnahm – Deckname: „Zeisig“.

Die Zahl der KZ-Häftlinge wuchs bald auf über 1.500 Menschen an. Bisher ließen sich insgesamt mehr als 2.400 Gefangene identifizieren. Die drei größten Gruppen kamen aus Polen (1.078), der Sowjetunion (578) und Frankreich (324). 

Der Weg zum Tunnel und die Arbeit waren körperlich extrem kräftezehrend und gefährlich. Die Bewachung war brutal und die Ernährung völlig unzureichend – pro Tag eine Portion „schwarzer Saft“, eine Ration Rübensuppe, 300 bis 500g Brot und ein Löffel Marmelade oder Quark. Ärztliche Versorgung gab es so gut wie keine, bei miserablen hygienischen Verhältnissen. Die Häftlinge waren insgesamt in einem sehr schlechten Zustand. Noch im Frühjahr 1944 breitete sich Typhus aus.

Nach vermehrten Fliegerangriffen im September 1944 ließ der letzte SS-Lagerleiter Heinrich Wicker das KZ-Außenlager räumen. Nach 24 Stunden Wartezeit, zusammengepfercht in Bahnwaggons am Güterbahnhof, wurden die Häftlinge in das zum Konzentrationslager Buchenwald gehörige Außenlager Mittelbau-Dora gebracht.

Hinrichtungen und Todesfälle

Am 20. Juni 1944 wurden im Lager der 1918 geborene Warschauer Sławomir Kwiatkowski, der 1904 in der Nähe des damals ostpolnischen Brzeżany geborene Wiliam Costazza und elf weitere Häftlinge wegen „Fluchtversuchen“ und „Diebstahl“ durch Hinrichtung ermordet, sechs von ihnen in Treis, sieben in Bruttig.

Bisher konnten 98 Todesfälle eindeutig nachgewiesen werden, wobei von weit mehr Toten auszugehen ist. Sie wurden teils vor Ort in Mehrpersonengräbern verscharrt, teils ins Krematorium nach Mainz gebracht und in Mainz-Mombach bestattet. 

In Bruttig-Fankel steht unter anderem noch diese große Baracke, in deren unmittelbarer Nähe Hinrichtungen vorgenommen wurden.

 Bild: Julia Röttjer, 2021.

Ehemalige Baracke in Bruttig-Fankel, in jüngerer Vergangenheit eine Poststelle.  

Bild: Christof Schimsheimer, 2021.

Auf dem Friedhof von Bruttig-Fankel stehen sieben steinerne Grabkreuze mit Todesdaten aus den Monaten März bis Juli 1944, hier das Kreuz für Jan Królak (24.4.1904 – 30.7.1944).

Bild: Julia Röttjer, 2021.

Bahndamm, über den die Häftlinge zum Tunnel marschieren mussten. Die Informationstafel (links) springt vom Eintrag „Nutzung des Tunnels als Champignonzucht v[or] 1940“ direkt zu „1945 Sprengung d[es] Tunnels“ und verschweigt die Existenz des Lagers.

Bild: Julia Röttjer, 2021.

Gedenkstein auf dem Friedhof von Treis-Karden mit der Inschrift: „Zum Gedenken an die Opfer des KZ-Aussenlagers Treis-Bruttig 1944“.

Bild: Julia Röttjer, 2021.

„Die Würde des Menschen ist unantastbar“ – so steht es auf der Gedenkstele auf dem Friedhof von Bruttig-Fankel. In der Inschrift wird das KZ-Außenlager verharmlosend als A.L. – kurz für „Arbeitslager“ – bezeichnet.

Bild: Julia Röttjer, 2021.