Lebach, Saarland

„FREIHEIT“ – Ein Lager für polnische Displaced Persons

Im Saarland strandeten viele Polinnen und Polen im Lager für Displaced Persons in Lebach. Sie saßen zwar noch am Ort ihrer früheren Verschleppung fest und die Bedingungen waren oft schwierig. Aber es durfte wieder gelernt, gekickt und auch geheiratet werden.

Befreiung – und was nun?

Im März 1945 wurde das Saarland von US-Truppen befreit und damit auch die Zwangsarbeiter:innen, die Kriegsgefangenen und die Häftlinge aus Konzentrationslagern. Wenig später kamen in der Kaserne von Lebach im heutigen Landkreis Saarlouis auf Weisung des amerikanischen Militärs ungefähr 3.000 Menschen aus Polen, der Sowjetunion, Italien, Frankreich und Belgien unter. Die Deutschen hatten sie in den Jahren zuvor in die nähere Umgebung verschleppt. Das nun entstandene „DP-Camp“ wurde von der Nothilfe- und Wiederaufbauverwaltung der Vereinten Nationen (UNRRA Team Nr. 15) geleitet.

In den ersten Wochen gab es in Lebach, wie an anderen Orten auch, gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen der örtlichen Bevölkerung und den DPs. Deren Präsenz stand der einsetzenden Verdrängung der Vergangenheit im Weg. Die Bevölkerung begegnete den DPs mit Vorurteilen, die sich aus der jahrelangen Propaganda speisten. Gerüchte über Plünderungen kamen auf, Fremdenfeindlichkeit mischte sich mit der Abwehr von Verantwortung für den Nationalsozialismus. Die ausländischen Zwangsarbeiter:innen seien selbst schuld an ihrem Schicksal, sie würden daraus Vorteile ziehen und seien für den Schwarzmarkt verantwortlich, hieß es. Die Lage der DPs war angespannt: Arbeit gab es kaum, auch wenn manche der polnischen DPs Anstellung bei amerikanischen Wachkompanien fanden. Eine Rückkehr in die kommunistische Heimat kam für viele nicht in Frage. Angesichts der schwierigen Verhältnisse machten einige mit kriminellen Aktivitäten die Umgebung unsicher – ebenso wie ein Teil der örtlichen deutschen Bevölkerung. Manche der Auseinandersetzungen zwischen beiden Seiten endeten tödlich.

Das „Polnische Lager Freiheit“

Doch nach einigen Wochen beruhigte sich die Situation. Das Camp wurde vornehmlich auf polnische DPs ausgerichtet. Sie gaben sich eine eigene Organisation: So entstand das „Obóz Polski Wolność“, das „Polnische Lager Freiheit“. Die Kontakte zu den Einwohner:innen der Umgegend beschränkten sich von dieser Zeit an fast ausschließlich auf Tauschhandel aller Art. Nach Lebach kamen auch ukrainische DPs. Wie diese zum Namen des Lagers standen, ist nicht überliefert.

In Lebach und anderen DP-Lagern war es vielen ein großes Bedürfnis, wieder Sport treiben zu können – und damit auch den Alltag und die unsichere Situation des Wartens zu bewältigen.

Bild: Privatarchiv Marcin Keller.

248 Hochzeiten in der Reithalle

Das Leben im Lager Lebach spielte sich auch in eigens geschaffenen Gemeinschaftseinrichtungen ab, wie es sie in vielen DP-Camps gab: im Lagerkrankenhaus, im Kindergarten oder der Kinderkrippe. Sowohl Männer als auch Frauen konnten sich handwerklich schulen lassen. Geistliche kamen für die Seelsorge von außerhalb ins Lager. Ein großes Anliegen der DPs waren Eheschließungen, die ihnen zuvor als Zwangsarbeiter:innen nicht möglich gewesen waren – mindestens 248 fanden allein von Mai 1945 bis Mai 1946 statt. Als Notkirche und damit Ort für die Trauungen wurde kurzerhand die ehemalige Reithalle umgewidmet.

Im Herbst 1946 wurden etwa 800 ukrainische DPs in die Sowjetunion repatriiert, die Mehrheit der polnischen DPs blieb zunächst in Lebach. Mit der Auflösung des „Polnischen Lagers Freiheit“ im März 1947 kamen sie in noch bestehende DP-Camps in Bad Kreuznach und Niederlahnstein. 

Spaziergang auf dem Kanonenrohr: Gruppe von Displaced Persons beim Posieren.

Bild: Privatarchiv Marcin Keller.