Ludwigshafen, Rheinland-Pfalz

Eine „Stolperschwelle“ für Zehntausende – Zwangsarbeit in Ludwigshafen

Im Mai 2021 wurde auf dem Gelände der BASF eine „Stolperschwelle“ als Zeichen der Erinnerung an die Unterdrückung Zehntausender Zwangsarbeiter:innen verlegt. Gräber und Mahnmale auf den Friedhöfen verweisen auf diejenigen, die ihre Verschleppung ins Deutsche Reich mit dem Leben bezahlen mussten.

Wer leistete Zwangsarbeit in Ludwigshafen – Und wo?

Die I. G. Farben, die in Ludwigshafen kriegswichtige Güter produzierte, war 1925 als Vereinigung der BASF mit sieben weiteren Unternehmen entstanden. Im Juni 1940 wurden 500 belgische Kriegsgefangene zur Zwangsarbeit verpflichtet, und schon früh wurden zusätzlich Zivilarbeiter:innen aus Polen und anderen Ländern herangezogen. Bis zum Ende des Kriegs wurden am Standort Ludwigshafen mehr als 30.000 Menschen zur Zwangsarbeit für die I. G. Farben genötigt.

In der Chemiebranche gab es einen hohen Anteil an Frauen, vornehmlich an sowjetischen Zwangsarbeiterinnen. Die Lebens- und Arbeits-bedingungen waren miserabel, besonders für die schlechter gestellten Personen aus Polen und der Sowjetunion. Ihre Unterbringung war unzulänglich und die hygienischen Verhältnisse begünstigten die Ausbreitung von Ungeziefer und damit verbundenen Erkrankungen. 

Im gesamten Ludwigshafener Stadtgebiet leisteten bis zu 50.000 Menschen Zwangsarbeit. Ihr Einsatz erstreckte sich neben der Industrie u. a. auf Bauarbeiten, Trümmerbeseitigungen nach alliierten Bombenangriffen und verschiedene Aufgabenbereiche der Stadtverwaltung. 

Der polnische Kriegsgefangene Ignacy Kowalski (geboren 1900) starb 1943 bei einer großen Explosion auf dem I. G. Farben-Gelände mit insgesamt 64 Toten und 526 Verletzten.

Bild: BASF Corporate History.

Seit 2019 erinnert auf dem Friedhof im Stadtteil Friesenheim eine Inschrift an das Unglück und auch an die 17 ausländischen Zwangsarbeiter:innen unter den Opfern. Bei der Trauerfeier 1943 durften ihre Särge nicht neben den anderen stehen, sie wurden getrennt auf dem Hauptfriedhof bestattet.

Bild: BASF Corporate History.

Öffentliches Erinnern – Wandel und Grenzen

Auf dem Ludwigshafener Hauptfriedhof errichtete die Sowjetische Militärverbindungsmission – eine Armeebehörde, die Personal in die Besatzungszonen der Westmächte entsandte – 1950 ein Mahnmal für 168 Tote. Die heroische Inschrift sollte die Erinnerung an den sowjetischen Kampf gegen den deutschen Faschismus stärken. Allerdings befindet sich der Stein in der Mitte eines Gräberfelds mit insgesamt 362 Toten, die nicht nur aus der Sowjetunion, sondern auch aus Polen, Frankreich und Jugoslawien stammten. Ihre Namen sind auf bodennahen Tafeln angebracht. An einer Seite steht ein eigenes Mahnmal für beigesetzte polnische Kriegsgefangene aus einem nahen Lager in Mannheim-Käfertal. 

Am 25. Mai 2021 wurde auf dem Gelände
des seit 1952 wieder als BASF funktionierenden Unternehmens eine „Stolperschwelle“ verlegt. Im Rahmen des europaweiten, vom Künstler Gunter Demnig initiierten, Stolperstein-Projekts erinnert sie an das begangene Unrecht auf dem Werksgelände. Einzelschicksale lassen sich nur erahnen und treten hinter der kaum zu fassenden Zahl an Opfern von Zwangsarbeit zurück.

Mahnmal für Kriegsgefangene aus Polen auf dem Internationalen Ehrenfeld.

Bild: Christof Schimsheimer, 2023.

Sowjetischer Gedenkstein von 1950 mit deutscher Übersetzung von 2001 auf dem Internationalen Ehrenfeld des Ludwigshafener Hauptfriedhofs, im Hintergrund das polnische Mahnmal.

Bild: Christof Schimsheimer, 2023.