Münstermaifeld, Rheinland-Pfalz
Verbotene Liebe – ein Stolperstein für Bolesław Stachowiak
Während des Kriegs gingen die Bauerntochter Katharina S. und der polnische Zwangsarbeiter Bolesław Stachowiak eine Beziehung ein, die durch eine Schwangerschaft entdeckt wurde. Katharina S. kam nach der Entbindung ins Konzentrationslager Ravensbrück. Sie und ihr Sohn überlebten den Krieg. Bolesław Stachowiak wurde 1942 erhängt. Seit 2001 erinnert ein Stolperstein an ihn.
Fern der Heimat ohne Wiederkehr
Am 19. September 2021 wurde im rheinlandpfälzischen Mörz auf Initiative des Förder-vereins Synagoge Münstermaifeld ein Stolperstein für den ermordeten polnischen Zwangsarbeiter Bolesław Stachowiak verlegt. Der Gedenkstein befindet sich vor dem Bauernhof, auf dem der Pole von Sommer 1940 bis Februar 1942 als Zwangsarbeiter wohnen und arbeiten musste.
Bolesław Stachowiak wurde am 11. Januar 1914 im Dorf Czerwonak bei Posen, zu diesem Zeitpunkt noch im deutschen Teilungsgebiet Polens, geboren. Nach dem deutschen Überfall auf Polen im September 1939 geriet er in Kriegsgefangenschaft und wurde ins Deutsche Reich deportiert. Bis zu seiner späteren Verhaftung arbeitete er als „Zivilarbeiter“ auf dem Mörzer Hof. Die drei Söhne der Bauernfamilie waren zum Militär einberufen worden, zwei von ihnen sollten nicht mehr aus dem Krieg heimkehren. Während des Kriegs verblieben nur Frau S. und ihre ledige Tochter Katharina auf dem Hof. Zwischen Katharina und dem ebenfalls unverheirateten Bolesław entwickelte sich ein intimes Verhältnis. Katharina wurde schwanger.
Zur Entbindung kurz entlassen
Die Geschichte des unerlaubten Verhältnisses machte irgendwann die Runde im Dorf. Amtsbürgermeister Adams wollte bereits die Festnahme veranlassen, aber schließlich erstattete Katharinas Schwager Joseph T., möglicherweise aus Angst vor Repressalien gegenüber der Familie, Anzeige. Zusammen mit Bolesław Stachowiak wurde Katharina Anfang Februar 1942 verhaftet. In der Folge zeigte sich erneut das menschenverachtende NS-Regime in seiner ganzen Härte: Zur Entbindung konnte die hochschwangere Katharina das Gefängnis noch einmal verlassen, wurde aber anschließend in „Schutzhaft“ genommen. Der neugeborene Sohn wurde einem Waisenhaus in Koblenz übergeben. Seine Mutter kam schließlich vom 11. September 1942 bis zum 2. Februar 1944 ins Konzentrationslager Ravensbrück. Dort wurde sie wegen „Verkehr mit einem Polen“ als politischer Häftling geführt.
Bild: Arolsen Archives, DocID 76874415.
Ausgebliebene Gerechtigkeit
Stachowiaks Gesuch um „Eindeutschung“ lehnten die Behörden nach einem halben Jahr ab. Damit war die Entscheidung zu seiner Ermordung gefallen. Am 27. Juli 1942 ordnete die SS „Sonderbehandlung“ an. Die Hinrichtung erfolgte am 6. August 1942 durch Erhängen.
Katharina bekam erst Monate nach ihrer Rückkehr aus dem Konzentrationslager ihren Sohn zurück. Es lässt sich nur erahnen, wie diese traumatischen Erlebnisse die Betroffenen verfolgten. Die Verantwortlichen wurden nach dem Krieg nie zur Rechenschaft gezogen. Dem Antrag auf Entschädigung für die Zeit in Ravensbrück erteilten die deutschen Behörden eine Absage.
Der verlegte Stolperstein für Bolesław Stachowiak soll nun zumindest ein würdiges Andenken darstellen, auch wenn Katharina S. unerwähnt bleibt.
Bild: Christof Schimsheimer, 2024.